Prüfung Tempelhof 5.6.2013

#1 von Thomas Rehork , 10.06.2013 00:55

Am 06.06.2013hatte ich die mündliche Überprüfung zum HP Psychotherapie in Tempelhof.
Geprüft wurden wir von einer Psychologin und der Beisitzer war ein Heilpraktiker. Beide gaben sich große Mühe, nett zu uns zu sein und uns die Prüfungsangst zu nehmen.
Wir waren zu dritt: eine junge Frau, die Musiktherapie studiert hatte und bisher in einer Klinik angestellt arbeitet, ein Musikproduzent, der sich auch mit Reiki und Sportpsychologie beschäftigt und ich, eine Dozentin aus der Erwachsenenbildung, die mit Islandpferden therapeutisches Reiten anbietet.
Wir wurden gut aufgeklärt, wie die Prüfung ablaufen würde und was von uns erwartet wird. Die Prüfungsvorsitzende erklärte, dass wir nicht auf „Herz und Nieren examiniert“ werden würden, sondern dass sie sich ein Bild machen wollten, wie wir arbeiten wollten und ob wir „eine Gefahr für die Volksgesundheit“ seien. Die Prüfung umfasse 3 Teile: Vorstellung der eigenen Arbeit, ein Fallbeispiel und Fragen zur gesetzlichen Lage.
Zuerst stellte sich der Musikproduzent umfänglich vor, dann die Musiktherapeutin knapper und zum Schluss ich ganz kurz. In der Vorstellungsrunde gab es interessierte Rückfragen zu unseren Vorhaben, es wurde aber kein inhaltlicher Stoff oder Faktenwissen abgefragt. Hier sollte offensichtlich nur gescreent werden, ob sich verblüffende Exzentriker mit Missionierungswahn und Selbstüberschätzungsphantasien unter uns befinden.
Dann bekam jeder ein Fallbeispiel vorgelesen und sollte dazu Stellung beziehen.
Zum Musikproduzenten kam eine Frau in die Praxis, deren Mann es nach einem Sturz garnicht gut ging. Er wurde zwar in der Klinik untersucht, hätte aber außer einem Beinbruch nichts. Sie hätte seine Abwesenheit genutzt, um mal gründlich aufzuräumen, auch all die Flaschen, die er in seinem Arbeitszimmer gebunkert hatte. Und jetzt hätte der Mann echte Probleme: er sähe kleine Äffchen Ringelreien tanzen um den Fernseher herum, er schwitze und wirke völlig geschafft (obwohl er doch garnicht rumlaufen könne…) Die Frau fragte nun, ob sich der Therapeut mal um diesen Mann kümmern könnte.
Richtige Stichworte für die Stellungnahme:
Alkohol-Entzugsdelir, optische Halluzinose szenischen Charakters, lebensbedrohliche Entgleisung des vegetativen Systems, Krankenhaus, 4 stufiger Entzug, später vielleicht irgendwann mal Begleitung der ambulanten Nachbetreuung; die Prüfungsvorsitzende fügte dann selbst noch „Jellinek“, „Co-Abhängigkeit“, „Selbsthilfegruppen“ an.
Zur Musiktherapeutin kam ein 63 jährigen Alkoholiker mit blutendem Magengeschwür, vor 2 Jahren verwitwet (damals Suizidversuch), frisch aus dem Job entlassen und ich glaube, der Hund war noch gestorben. Er klagte nicht, meinte aber, es hätte alles keinen Sinn mehr. Er habe auch schon alles aufgeräumt und hätte den Eindruck, die Welt brauche ihn nicht mehr.
Richtige Stichworte für die Stellungnahme:
Vergesst das Magengeschwür, pfeif auf den Alkoholismus, hier ist Suizidprophylaxe gefragt. Ggf. Einweisung, wen kann man anrufen, was macht die Polizei, was ist der SPD, usw. Suizidale Entwicklung nach Pöldinger, Ringel‘sche Trias. In der Klinik können sich die Ärzte auch gleich um das Magengeschwür kümmern und Motivation für eine Entzugstherapie aufbauen.
Zu mir kam eine junge Mutter (26), in die Praxis und erzählt, sie habe vor 6 Wochen das dritte Kind bekommen und jetzt sei sie völlig „down“ und überlastet und mit den Nerven am Ende. Sie denke immerzu daran, dass sie das alles nicht schafft und dass sie vielleicht bald ausflippe und den Kindern was antun könnte. Sie schlafe kaum noch richtig und bekomme nichts mehr auf die Reihe.
Richtige Stichworte für die Stellungnahme:
Wochenbettdepression, Arzt: SSRI?, evtl. beginnende Schizophrenie, möglicherweise Psychose
Ansonsten: wo sind die Kinder jetzt? Hilfe vom Jugendamt, Haushaltshilfe von der Krankenkasse, Unterstützung von Familie, Freundeskreis, Kirche etc einfordern, Vater der Kinder verpflichten, wirtschaftliche Unterstützung (Jobcenter, Sozialamt), Kindergruppe, Krippenplatz etc.
Und dann kamen die rechtlichen Fragen.
Für den Musikproduzenten: Rechtsgebiet Betreuung
Wer beantragt, wer regt an? Bereiche der Betreuung? Einwilligungsvorbehalt? Wer kann betreut werden? Wer ordnet die Betreuung an?
Für die Musiktherapeutin: Rechtsgebiet Unterbringung
Wann? Wie lang? Wo? Wer ordnet an? Wer ist zuständig? Wie lang? Spezielle Maßnahmen? Was ist Selbstgefährdung, was Fremdgefährdung?
Für mich: Rechtsgebiet Praxisschild
Wie darf ich mich nennen? Was muss auf dem Schild stehen? Was darf nicht auf dem Schild stehen? Wer darf generell und überhaupt psychotherapeutisch tätig werden? Und wo steht das?
Die Antworten wurden durch die Bank wohlwollend großzügig als richtig ausgelegt, kleine Erinnerungslücken wurden von der Prüferin aufgefüllt, Fehlinterpretationen richtig gestellt und wir haben alle drei die Prüfung bestanden. Wir wurden beglückwünscht und durften, nachdem wir in der nahegelegenen Post die 165,- (+ 6,- € Einzahlgebühr) bezahlt hatten, direkt die Ernennungsurkunde mitnehmen.
Insgesamt dauerte die mündliche Überprüfung ca. 90 Minuten, die nicht gleichmäßig auf alle Prüflinge verteilt wurden. Manchmal wurde mehr nachgehakt, manchmal weniger. Knappe, präzise und richtige Antworten führten nicht zu mehr Fragen.
Der Kurs, den ich bei Ihnen belegt habe, hat mich prima auf die Prüfung vorbereitet und ich weiß jetzt ganz genau, was ich mit meiner „Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde- eingeschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie“ anfangen möchte.
Vielen Dank Ihnen und den Kursteilnehmern toi-toi-toi!
Alles wird gut! (Meistens, jedenfalls manchmal)

Karin

 
Thomas Rehork
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