Lichtenberg November 2015

#1 von Thomas Rehork , 25.11.2015 20:02

Sehr geehrter Herr Rehork,

geschafft:
zwar habe ich die schriftliche Prüfung im März 2014 im ersten Anlauf nicht bestanden (12/28), dafür waren die beiden vergangenen Monate sehr erfolgreich. 25/28 und heute habe ich es auch durch die mündliche Prüfung geschafft.

Die Prüferinnen:
Die Namen der beiden Prüferinnen habe ich mir nicht gemerkt. Die, die die Fragen gestellt hat, war... ich möchte sagen "alternativ" gekleidet und ich hielt sie für die Heilpraktikerin, tatsächlich stellte sich aber heraus, dass sie vom Sozialpsychiatrischen Dienst ist – und die, die nach Psychiatrie aussah, war Heilpraktikerin. Na jedenfalls hat Erstgenannte die Fragen gestellt. Beide haben sich äußerst freundlich vorgestellt und sogar schon von sich behauptet, dass sie sehr wohlwollend seien – was sich voll und ganz bewahrheitete!
Sehr sehr freundlich, mehr als nur der ein oder andere Tipp und Hinweis im den "Hilfestellungen" vorformuliert. Gelegentlich musste man den Satz sogar einfach nur noch mit eigener Wortstellung wiederholen.

Ablauf:
Vor der Prüfung mit meiner Mitstreiterin geklärt, wer anfängt (sie wollte und ich wollte nicht, passte also super). Kurze Vorstellung, dann Beteuerung, dass man im Stande ist die Prüfung zu absolvieren. War ich eigentlich nicht (4 Tage durchweg gelernt, kaum Schlaf, aufgeregt), aber bringt ja nichts.
Dann wurde das Blatt ausgeteilt. Laut vorlesen und sofort, ohne Bedenkzeit, beginnen.

Meine Mitstreiterin:
Frage habe en Detail nicht mehr parat, aber es ging um die in Deutschland erlaubten Therapiemethoden: Verhaltenstherapie, Psychoanalyse und tiefenpsychologische Psychotherapie. Dazu: Was steckt jeweils dahinter, worin unterscheiden sie sich, was wird am ehesten bei welchen Störungen angewendet und entsprechen welche Therapie ist bei welchen Störungen kontraindiziert.

Ich:
In welchem Buch steht geschrieben, welche Störungen mit Psychotherapie behandelt werden kann. Volltreffer: Keine Ahnung. Bin meine Literaturliste durchgegangen. Ein kleiner Hinweis von der SPD-Prüferin brachte mich auf die Spur: ICD 10 (den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen – das Buch lag quasi die letzten Tage unter meinem Kopfkissen). Darauf sollte ich die Klassifikationen einmal von F0-F9 abzählen und daraufhin sagen, was aus der ICD-10 vom HP-Psych behandelt werden darf und was nicht.

Meine Mitstreiterin:
"Frau in den Dreißigern, Schlaflosigkeit, Interesseverlust ... vielleicht sogar noch ein weiteres Symptom."
Naja, jedenfalls ziemlich eindeutig:
Lösung: depressive Episode.
Ablauf: Natürlich Suizidalität klären (Pöldinger und Ringel); dann organische Ursachen ausschließen; Weitere Symptome abklären, also psychopathologischer Befund. Ein bisschen Differentialdiagnose war dabei, aber wollten die Prüferinnen nicht ausgeführt haben.

Ich:
"62 jähriger Mann hat aus dem Mund geblutet und wird auf Intensivstation eingeliefert. Nach einigen Stunden zeigt er sich verwirrt und aggressiv. Nach einem Tag wird er von der Intensivstation auf die psychiatrische Station verlegt."
Lösung: Delirium Tremens.
Ablauf: Meine differentialdiagnostischen Mühen, die ich mir in der 5 Minütigen Pause vor Anpfiff, trotz Eindeutigkeit des Falls, aus dem Gedächtnis gekramt hatte, wollte wie auch wieder gar nicht hören. Stattdessensollte ich sofort alle weiteren Symptome nennen, wie mit dem Mann umzugehen ist, wie die vier Phasen des Entzugs aussehen, Chlomethiazol und Benzodiazepin/Tranquillizer. Wo finden die einzelnen Phasen des Entzugs statt (Entgiftung/Entziehung stationär, Entwöhnung ambulant). Prognose? Schlecht (wegen Alter und entsprechend zu vermutender Alkoholkarriere). Hier und da ein paar Seitenfragen, die ich jetzt nicht mehr weiß.
Achja... Achtung Falle: "[…] Nach einem Tag wird er von der Intensivstation auf die psychiatrische Station verlegt." Das ist natürlich falsch. Er muss über längeren Zeitraum auf der IS bleiben, bis er stabil ist und Lebensgefahr vorüber. Also arger Fehler des Krankenhauspersonals!

Gesamteindruck:
Fallbeispiele sehr einfach (auch die beiden Fragen davor). Dafür aber wurde detailliertes Wissen durchaus abgefragt und auch nicht losgelassen, wenn man etwas nicht wusste. Sie wollten die Fragen auf jeden Fall vollständig beantwortet haben. Dafür: Wohlwollend, lächelnd und freundlich und vor allem: wirklich sehr gute, um nicht zu sagen großzügige Hilfestellungen! Wenn es so herum doch nur ginge, würde ich die beiden jedem unsicheren und aufgeregten Kandidaten bedenkenlos weiterempfehlen!

Danach:
Rausgeschickt, 5 Minuten gewartet, den beiden bereits wartenden Kandidaten begegnet und sich irgendwie in deren Gesichtsausdruck wiedererkannt und ihnen Mut zugesprochen. Wieder hineingerufen worden und nach Eigeneinschätzung gefragt. Dann der erlösende Satz "Eine Gefahr für die Volksgesundheit sind Sie beide nicht". Hiernach noch authentisches Interesse an weiteren Plänen und Vorhaben.

Et voilà, c'est ça.

Abschließend:
Vielen Dank für Ihre tolle Schule! Für das Skript, für die "lustigen" Geschichten, die wertvolle CD mit den Prüfungsprotokollen, womit ich mich auch bei den Geprüften bedanken möchte, die ihre Erfahrungen niedergeschrieben und zur Verfügung gestellt haben!!!

Alles Gute, herzliche Grüße und allen Nachfolgenden kleinen HP-Anwärtern: Viel Erfolg!!!

Jascha


 
Thomas Rehork
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