Schweigepflicht

#1 von Bianca , 09.12.2011 07:46

Hallo und Guten Morgen -
ich stoße immer wieder auf:
Fremdanamnese... Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder dem "Vor"-Therapeuten oder dem Psychater in der Klinik, etc...
Doch nirgends steht, wie es sich mit der Schweigepflicht verhält. Muss ich mich in solchen Fällen von dem Patienten von dieser Pflicht entbinden lassen, wenn ja wie mache ich das oder ist das "ganz normal", wenn Behandelnde sich untereinander miteinander austauschen?

Meine mündliche ist leider erst am 19.01. - daher stecke ich immer noch im Lernen und es tauchen nach wie vor Fragen auf ...
Vielen Dank und liebe Grüße

Bianca

 
Bianca
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RE: Schweigepflicht

#2 von Thomas Rehork , 14.12.2011 20:49

Hallo Bianca,

§ 203 StGB:
Verletzung von Privatgeheimnissen

"(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung
der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer,
vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-,
Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,
4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer
Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist.
4a. Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen,
steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle

anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

Wenn die Verletzung der Vertraulichkeit zum eigenen Vorteil erfolgte ist die Strafe sogar noch höher.

Aber: Der Heilpraktiker hat keine staatlich geregelte Ausbildung, nur die Überprüfung und Heilerlaubnis, er ist damit nicht erfasst. Aufgrund des so genannten "Analogieverbots" kann er nicht bestraft werden, da er im Gesetz nicht genau aufgeführt wird und von "Ausbildung", nicht von "Erlaubnis" die Rede ist. Er hat also keine Schweigepflicht von der Härte der ärztlichen Schweigepflicht.

Es gibt einen zivilrechtlichen Anspruch des Patienten auf Vertraulichkeit, auf den er sich ggf. berufen könnte. Verschwiegenheit wird als so grundlegend für das Funktionieren der psychotherapeutischen Bindung angesehen, dass der Heilpraktiker, der sie verletzt, im Grunde zivilrechtlich belangt werden kann wie der Handwerker, der pfuscht. Hier ist man mit einem schriftlichen Behandlungsvertrag auf der sicheren Seite. Berufs"ordnungen", die sich die Heilpraktikerverbände geben, sehen meist die Schweigepflicht vor, stellen aber ebenfalls nur eine zivilrechtliche Bindung dar.

Teilt der Heilpraktiker einem Arzt Informationen über einen Patienten im Interesse einer besseren Behandlung mit, verletzt er die Schweigepflicht nicht, weil der Arzt ja seinerseits unter Schweigeplicht steht. Umgekehrt sieht es aus ärztlicher Perspektive aber anders aus. In der Regel handhaben Ärzte die Schweigepflicht gegenüber von ihnen als "nichtärztlich" empfundenen Personen rigoros. Der Arzt fühlt sich in Gefahr, seinerseits die Schweigepflicht zu verletzen. Ich würde an den Arzt herangehen nach dem Schema: "Ich weiß, dass Sie mir nichts über den Patienten sagen werden, aber ich erzähle Ihnen jetzt etwas über den Patienten, von dem ich glaube, dass Sie es unbedingt wissen sollten."

In der Praxis sind die Kontakte zwischen Heilpraktikern und Ärzten allerdings eher unterentwickelt.

Abschließend "off label" und für alle Mitleser: Der hohe ethische Anspruch des Berufsstandes gebietet eine genaue Beachtung der Schweigepflicht. Ein Heilpraktiker, der sie verletzt, schadet dem Ansehen der Profession insgesamt.

Hier noch ein paar Links:
Schweigepflicht online
Paragraph 203 Strafgesetzbuch
Verschwiegenheitspflicht bei Wikipedia
Analogieverbot im Strafrecht bei Wikipedia

Hoffe das Grau ein wenig aufgehellt zu haben.

Liebe Grüße und frohes Schaffen!
Thomas


 
Thomas Rehork
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zuletzt bearbeitet 14.12.2011 | Top

RE: Schweigepflicht

#3 von Bianca , 27.12.2011 09:16

Besten Dank für diese ausführliche Zeichnung der Schweigepflicht... ich werde also immer schön s Mäulchen halten

Nachweihnachtliche Grüße
Bianca

 
Bianca
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