Prüfungsprotokoll der mündlichen Heilpraktikerprüfung für Psychotherapie
am 21. Mai 2025 im Gesundheitsamt Berlin Tempelhof-Schöneberg
Die Prüfung begann mit etwa 20 Minuten Verspätung. Ich wurde von einer Verwaltungsmitarbeiterin
(Frau Paege) freundlich empfangen. Sie informierte mich darüber, dass meine Mitgeprüfte
krankheitsbedingt nicht teilnehmen könne. Der Prüfungsraum war angenehm vorbereitet, mit Wasser
sowie Stift und Papier für Notizen. Anwesend waren ein Psychiater (und psychologischer
Psychotherapeut) namens Herr Schilling sowie ein Heilpraktiker für Psychotherapie als Beisitzer (seinen
Namen habe ich mir leider nicht gemerkt). Den mitgebrachten Lebenslauf benötigten sie nicht – „Den
haben wir ja schon vorliegen“, meinte Herr Schilling.
Zu Beginn erklärte der Psychiater, dass die Prüfung anhand eines Fallbeispiels verlaufen werde, an dem
wir uns entlanghangeln würden. Wir wechselten im Verlauf der Prüfung mehrfach zwischen Rollenspiel
und der Meta-Ebene – was den Prüfenden nichts ausmachte und mir ermöglichte, sowohl mein
praktisches Handeln als auch mein theoretisches Wissen unter Beweis zu stellen.
Fallbeispiel:
Eine junge Frau erscheint in Begleitung ihres Vaters zur Sitzung. Sie steht am Rand des Raumes, spricht
kaum, meidet Blickkontakt und wirkt insgesamt verunsichert. Der Vater berichtet, dass sich seine
Tochter zunehmend zurückgezogen habe, früher sehr lebendig und leistungsstark war, aber seit dem
Abitur keine Ausbildung oder Arbeit mehr aufgenommen habe. Sie sei oft nachts wach und verbringe
die Tage in einem verdunkelten Zimmer (diese Details ergaben sich erst im weiteren Gesprächsverlauf).
Der Psychiater spielte die Patientin realistisch nach, bewegte sich im Raum, stellte Blickvermeidung und
Körpersprache eindrücklich dar – das half mir sehr beim Erfassen des Falls.
Ich begann mit einer rechtlichen Frage: Ob der Vater anwesend bleiben dürfe und ob eine
Schweigepflichtentbindung vorliege. Die Patientin verweigerte die schriftliche Entbindung, wünschte
sich aber, dass ihr Vater bleibe. Ich erklärte, dass ich rechtlich lieber eine Unterschrift hätte, um mich
abzusichern. Der Psychiater fragte kritisch, ob ich sie zur Unterschrift zwingen würde. Ich antwortete,
dass ich das Gespräch fortführen würde, wenn sie mir glaubhaft versichert, dass es für sie in Ordnung
sei. Später wurde mir rückgemeldet, dass ich alternativ auch den Vater hätte hinausbitten können mit
dem Hinweis, dass wir ihn später gerne wieder dazu holen könnten. Es wurde jedoch positiv bewertet,
dass ich später bei intimeren Themen (z. B. Substanzkonsum, Suizidalität) den Vater vor die Tür gebeten
hätte.
Ich begann das Gespräch mit der Patientin, indem ich sie fragte, wie es ihr heute gehe und wie sie sich
fühle. Unter anderem dies wurde von den Prüfenden als gelungenen Gesprächseinstieg und
empathischen Umgang mit der Patientin hervorgehoben.
Ich fragte nach ihrer derzeitigen Tätigkeit – Arbeit, Ausbildung? (verneint). Aufgrund ihres
Blickverhaltens äußerte ich auf Metaebene den Verdacht auf optische Halluzinationen. Ich erkundigte
mich nach organischen Ursachen. Laut Aussage des Vaters und der Patientin seien keine
neurologischen oder organischen Vorerkrankungen bekannt. Dennoch fielen erhebliche
Leistungseinbrüche und Konzentrationsstörungen auf, die sich auch im Gespräch zeigten.
Ich bat darum, den Vater für die nun folgende sensiblere Frage nach einem Substanzkonsum hinaus zu
bitten – die Prüfer bewerteten das als positiv. Die Patientin berichtete, sie konsumiere abends Cannabis
zum Einschlafen, mittlerweile täglich. Ich äußerte die Möglichkeit einer substanzinduzierten
psychotischen Störung, verwies jedoch auf die Notwendigkeit weiterer Abklärung. Es wurde nicht
weiter darauf eingegangen und der Psychiater merkte später an, dass man in diesem Fall eine solche
Diagnose noch nicht sicher stellen könne.
Ich fragte weiter nach Halluzinationen. Hier stellte ich mehrere Fragen hintereinander zu
Halluzinationen auf verschiedenen Sinnesgebieten. Dies überforderte die Patientin, sodass ich
zurückruderte, und mich auf eine einzelne Frage (Hören Sie Stimmen, obwohl niemand im Raum ist?)
konzentrierte. Die Patientin berichtete, dass sie Stimmen höre, die ihr sagen: „Du bist nichts wert.“ Ich
spiegelte ihr die Belastung und fragte nach ihrem Umgang damit – sie berichtete von Angst. Auf
Nachfrage, antwortete die Patientin, dass sie sich nicht gegen die Stimmen wehre. Aggressive Impulse
verneinte sie. Sie ziehe sich jedoch stark zurück, gehe kaum noch unter Menschen.
Ich fragte nach Interessen, Hobbys, nach dem morgendlichen Aufstehen – Anzeichen für depressive
Symptome. Diese Exploration wurde jedoch nach kurzer Zeit vom Psychiater gestoppt, der den Fokus
zurück auf das psychotische Erleben lenkte.
Zum Thema Gardinen äußerte ich den Verdacht auf eine paranoide Symptomatik, etwa das Gefühl des
Beobachtetwerdens. Der Psychiater forderte mich auf, direkt nachzufragen (Warum sie die Gardinen
denn zugezogen lasse). Die Patientin erklärte, dass Nachbar:innen sie mit Fernrohren beobachteten.
Ich fragte daraufhin nach Gedankenentzug oder -eingebung – auch dies wurde bejaht.
Ich äußerte die Verdachtsdiagnose paranoide Schizophrenie (Stimmenhören, Wahn, ggf. optische
Halluzinationen, Zeitkriterium erfüllt). Eine schizoide Persönlichkeitsstörung schloss ich aufgrund der
Biografie aus. Differenzialdiagnostisch nannte ich die anhaltende wahnhafte Störung. Ich erklärte, wie
man Zugang zum Wahnsystem erhalten könne – etwa durch Fragen wie: „Warum beobachten die
Nachbar:innen Sie?“ oder „Was bezwecken sie damit?“.
Ich wurde gefragt, woran man Schizophrenie noch erkennen könne. Ich nannte Symptome der ersten
und zweiten Gruppe nach ICD-10, erläuterte die Negativsymptomatik (z. B. Antriebslosigkeit, sozialer
Rückzug, Sprachverarmung) und beschrieb formale Denkstörungen wie Gedankenabreißen,
Neologismen und Zerfahrenheit. Der Psychiater ergänzte bei den katatonen Symptomen. Ich verwies
zudem auf die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Patientin und die Schwierigkeiten, dem
Gespräch zu folgen.
Ich sprach Suizidalität an und merkte an, dass ich hierfür den Vater hinausgebeten hätte. Die Patientin
verneinte – „Das ist nicht mein Problem.“
Zum Verhalten (Psychiater sagt, für was könnte es ein Hinweis sein, wenn die Patientin sich im Verlauf
des Gesprächs die Kapuze über den Kopf ziehe) sagte ich, es könne sich um Schutz vor Reizen, Strahlen
oder einen Rückzugsimpuls handeln. Ich ergänzte, dass in akuten Phasen mehr Dopamin ausgeschüttet
wird. Dadurch werden Sinneseindrücke mit besonderer Bedeutung wahrgenommen. Der Psychiater
wollte auf die sensorische Überempfindlichkeit bei Schizophrenie hinaus.
Der Psychiater fragte, welches Kunstwerk die Wahrnehmung schizophrener Menschen gut darstelle.
Ich überlegte und beschrieb, dass es Bilder seien könnten, mit möglicherweise verzerrten Formen und
intensiven Farben, ich nannte Vincent van Gogh. Er schlug „Der Schrei“ von Edvard Munch vor – ein
Moment, den ich als sehr menschlich und wertschätzend erlebte.
Auf die Frage, wie ich mit schizophrenieerkrankten Menschen arbeite, antwortete ich, dass es
niedrigschwellige Angebote gäbe, die einen stimmenfreundlichen Umgang pflegen. Ich nannte das
Früherkennungszentrum (FETZ), das Netzwerk Stimmenhören, Irrsinnig Menschlich, Trialog e.V. und EX
IN. Ich sprach das Konzept der Genesungsbegleiter:innen an, das auch an der Klinik eingesetzt wird, an
der ich als Tanztherapeutin arbeite. Der Psychiater begrüßte diese Haltung ausdrücklich.
Ich nannte atypische Neuroleptika wie Risperidon und Olanzapin als medikamentöse Behandlung. Ich
betonte die Wichtigkeit niedrigschwelliger Hilfen und die Bedeutung der Nachsorge.
Ein zweiter Fall wurde kurz geschildert: Ein Mensch mit akuter Psychose läuft rum, legt sich auf die
Straße, läuft in den Verkehr. Ich nannte als Vorgehen die Unterbringung nach dem PsychKG aufgrund
von akuter und erheblicher Eigengefährdung sowie Fremdgefährdung und den rechtfertigenden
Notstand (§ 34 StGB), die Polizei könne auf dieser Rechtsgrundlage den Mann in Gewahrsam nehmen.
Das wurde von den Prüfenden mit einem zustimmenden Nicken beantwortet.
Ich wurde hinausgebeten und nach kurzer Zeit wieder hereingerufen – und bestand die Prüfung. Gelobt
wurden meine empathische, strukturierte Vorgehensweise, mein ICD-10-Wissen und mein Verständnis
für psychiatrische Erkrankungen. Sie fragten mich noch, was ich jetzt vorhätte (Praxisgründung, ggf. mit
anderen (Tanz-)Therapeut:innen zusammen sowie weitere Teilzeitbeschäftigung als Tanztherapeutin in
einer psychiatrischen und psychosomatischen Klinik). Dies wurde ausdrücklich begrüßt.
Ein Hinweis wurde mir noch gegeben: An einer Stelle stellte ich zu viele Fragen gleichzeitig. Als die
Patientin darauf mit „Was haben Sie gesagt?“ reagierte, vermutete ich zunächst eine starke innere
Beschäftigung mit den Stimmen. Der Psychiater erklärte jedoch, dass die Patientin schlicht überfordert
war. Ich korrigierte mich in der Situation selbst und stellte die Fragen anschließend einzeln.
Mein Dank:
Ein riesengroßes Dankeschön gilt meinen Lerngruppen und Lernpartnerinnen, die mich über eineinhalb
Jahre hinweg auf diesem Weg so kraftvoll unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt Thomas
Rehork für seine unermüdliche, kompetente und menschliche Unterstützung – ich empfehle seine
Vorbereitungskurse wärmstens.
Ich wünsche allen Prüflingen einen bereichernden Lernprozess, eine erfolgreiche Prüfung und viel
Freude am therapeutischen Tun. Ich bin sehr dankbar, diesen Weg nun gehen zu dürfen – mit dem
Wissen um meine Verantwortung, meine Möglichkeiten und meine Grenzen. Möge unsere Begleitung
Menschen in Krisen Halt, Orientierung und ein Stück inneren Boden schenken.