Lichtenberg, mündliche Prüfung 23.05.2013

#1 von Tatjana , 25.05.2013 14:45

Hallo an alle,

jetzt ist es geschafft - habe die mündliche Prüfung am 23.05.2013 in Lichtenberg bestanden und teile gerne mit allen Interessierten wie es so abgelaufen ist:

Prüferinnen waren eine Amtsärztin vom SPDi und eine Heilpraktikerin vom Heilpraktikerverband - leider habe ich mir die Namen nicht gemerkt. Beide sehr wohlwollend und freundlich.

Wir wurden zu zweit geprüft und haben uns draußen geeinigt, dass ich anfangen werde.
Wir wurden über den Ablauf aufgeklärt: Band läuft mit und wird aufbewahrt bis Ablauf der Widerspruchsfrist; wir sollen eine Karte ziehen, die die als zweite dran ist die Karte zunächst unaufgedeckt liegen lassen, die die anfängt für die Aufzeichnung zunächst den Namen nennen und dann die Frage laut vorlesen; die erste Frage - Rechtsfrage - sollten wir sofort beantworten, nach dem Ziehen der zweiten Karte hätten wir für die Vorbereitung der Antwort 5 Minuten Zeit.

Frage 1:

"Wenn Sie diese Prüfung bestanden haben, was unterscheidet Sie dann von den folgenden:
Heilpraktiker, „großer“
Heilpraktiker, „kleiner“
Krankengymnast / Physiotherapeut
Diplom-Psychologe
Psychologischer Psychotherapeut
Ärztlicher Psychotherapeut
Psychiater
Welches davon sind Heilberufe? Wer von den genannten darf Psychotherapie ausüben?"

Ich ging alle der Reihe nach durch - was darf der HP Psych nicht im Gegensatz zum großen Heilpraktiker - körperliche Leiden heilen, aber auch über körperliche Eingriffe psychische Krankheiten heilen, überhaupt nicht invasiv tätig sein, nichts einrenken, nicht massieren etc, keine Medikamente verschreiben, verabreichen und auch nicht absetzen. Erwähnte dann noch, was alle Heilpraktiker nicht dürften - Zahnbehandlung, Geburtshilfe, Totenscheine ausstellen.
- vom kleinen HP nach bestandener Prüfung, nach Überweisung der Gebühr und Erhalt der Urkunde unterscheidet mich dann nichts.
- Physiotherapeut ist ein Heilhilfsberuf.
- Diplom-Psychologe: hat Psychologie an der Uni studiert.
- Psych-Psychotherapeut: hat Psychologie mit Fach Klinische Psychologie studiert und nach Studium noch eine psychotherapeutische Weiterbildung abgeschlossen. Geregelt im PsychThG. Ich erwähnte dann noch die Kinder- und Jugendlichentherapeuten, die allerdings Pädagogik oder Sozialpädagogik studiert haben, was auch im PsychThG geregelt ist. Und obwohl es nicht zur Frage gehörte nickten die Prüferinnen zufrieden.
- Ärztl. Psychotherapeut: hat Medizin studiert und dann je nach dem: wenn Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie - dann ist die Psychotherapieausbildung in der Facharztausbildung eingeschlossen. Bei anderen Facharztrichtungen müssen die Ärzte noch eine Zusatzqualifikation erwerben. Als Ärzte dürfen sie dann auch körperliche Krankheiten heilen und auch Medikamente verschreiben/verabreichen.
- Psychiater: ist Mediziner, Facharzt für Psychiatrie.

Vielleicht hätte man noch die Abrechnung mit den Krankenkassen ansprechen können - HP Psych kann dies nicht; die Psychotherapeuten schon (wenn sie eine Kassenzulassung haben). Und die Berufsbezeichnung - Psychotherapeut vs. HP auf dem Gebiet der Psychotherapie.

Bei der Frage wer Psychotherapie ausüben darf - kurze Verwirrung weil ich sagte, dass der große HP dies nur dürfe, wenn er Psychotherapie als eines seiner drei Arbeitsgebiete bei der Praxisanmeldung angegeben hätte - die Vertreterin des Heilpraktikerverbandes meinte, die HPs dürften dies auch so; Thema wurde aber nicht vertieft, es reichte wohl aus, dass ich sagte, Psychotherapie sei Teil der HP-Ausbildung.
Physiotherapeuten und Diplom-Psychologen dürfen keine Therapie machen.
Beim Psychiater gab es kurze Diskussion bzw. Aufklärung: ich sagte, dass bei der Facharztausbildung Psychiatrie die psychotherapeutische Ausbildung mit eingeschlossen ist. Die Ärztin vom SPDi erläuterte dann, dass dies nicht immer so war und die "alten" Psychiater deswegen nicht psychotherapeutisch tätig werden dürften.

Dann kurze Zusatzfrage: wie würde ich einem Klienten den Unterschied zwischen Psychologischem Psychotherapeuten und einem Ärztlichen Psychotherapeuten erklären.
Ich sagte also noch einmal: die einen haben einen Abschluss in Psychologie, die anderen einen Abschluss in Medizin. Die Ärzte dürfen Medikamente verschreiben die Psychologen nicht.
War in Ordnung.

Frage 2:
"Bei welchen Störungen kommen psychotische Symptome vor?
Wie gehen sie differentialdiagnostisch vor.
Der Klient hat einen Beziehungswahn - welche Auswirkung hat das auf die Therapeutische Beziehung?" (oder so ähnlich)

Zuerst habe ich definiert, was "psychotisch" ist: Halluzinationen, Wahn oder bestimmte Formen schweren abnormen Verhaltens, wozu schwere Erregungszustände und Überaktivität, psychomotorische Hemmung und katatone Störungen gehören. (Steht in der Einleitung zur ICD 10.) Ich hatte Überaktivität und psychomotorische Hemmung vergessen, war trotzdem okay. Die Prüferinnen fanden es gut, dass ich mit der Definition anfing.

Psychotische Symptome kommen bei sehr vielen Störungen vor.
Dann bin ich systematisch die ICD10 mit F0 anfangend durchgegangen - naja, was mir so einfiel:

F0 - Delir (opt. Halluzin), Halluzinose (vorw. akust. Halluzin); überhaupt können bei vielen Gehirnerkrankungen und organischen Störungen psychotische Symptome auftreten: organische Halluzinose, org. katatone Störung, organische wahnhafte Störung. Es müsste internistisch und neurologisch abgeklärt werden, welche organische Ursache zugrunde liegt.

F1 - Alkohol, Drogen, Medikamente.
Alkohol: Delirium Tremens (opt. Halluz), Alkoholhalluzinose (akust. Halluz, Wahn).
Bei Drogen müsse man mit allem rechnen, es können alle möglichen psychotischen Symptome vorkommen (Prüferinnen lächeln).
Halluzinogene - Halluzinationen jeglicher Art auch haptische, olfaktorische; Opioide - Enzugsdelir; Kokain - Halluzinationen. Hinweis der Prüferin - eine Droge, die unterschätzt wird... Ich kam auf Cannabis (Echopsychosen).
Einige Medikamente können bei Intoxikation oder bei Entzug psychotische Symptome hervorrufen, wie z.B. Entzugsdelir bei Benzodiazepinen, die ja ein hohes Abhängigkeitspotential haben.
Im übrigen bestünde bei Abhängigkeit das Problem der Polytoximanie - Einnahme mehrerer unterschiedlicher Substanzen gleichzeitig und zusätzlich Alkohol oder Medikamente. Prüferinnen waren zufrieden.

F2 - Schizophrenie
Hier sei alles psychotisch, ob ich dies im einzelnen durchgehen solle. Ich solle erst einmal mit ICD10 weitermachen und wir sind dann später noch einmal zu F2 zurückgekommen.
Welche Formen der Schizophrenie ich kennen würde (paranoide, hebephrene, katatone, simplex, schizophrenes Residuum).
Was denn noch in F2 geregelt sei. Ich nannte noch schizotype Störung, wahnhafte Störungen, (die akuten psychotischen und induzierte hatte ich vergessen), schizoaffektive Störg manisch, depressiv, gemischt.
Das hatte gereicht, obwohl man sich hier zu den einzelnen Arten von Halluzinationen, Wahn und katatonen Symptomen hätte ausgiebig ausbreiten können.

F3 - Affektive Störungen: schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen - typischerweise Verarmungs-, Schuld-, hypochondrischer und nihilistischer Wahn. (Depressiven Stupor hätte man noch erwähnen können) . Manie - Größenwahn oder paranoider. Bipolar.

F4 - Bei Phobien sollten die Symptome ja gerade nicht auf Wahn beruhen. Bei PTBS können psychotische Symptome vorkommen. Dissoziative Störungen.

F6 - Borderline PS

Wie ich weiter differentialdiagnostisch verfahren würde.
Nach weiteren Symptomen fragen, nach Verlauf, früheren Episoden, evtl. Therapien, Medikamenten. Nach Alkohol und Drogenkonsum. Suizidalität ansprechen, sowieso immer. Dann alle Elementarfunktionen abklären (Bewusstsein, Orientierung, Aufmerksamkeit etc.). Und im Gesprächsverlauf auf das äußere Erscheinungsbild, Kommunikationsverhalten, emotionalen und sprachlichen Ausdruck achten.
Von der Prüferin kam dann noch der Hinweis, bei Abhängigkeit müsste abgeklärt werden, was vorher war - die psych. Störung oder der Alk-/Drogenkonsum.

Die Sache mit dem Beziehungswahn war wahrscheinlich als Fangfrage gedacht, wenn man keine Ahnung hat was das ist und denkt, der Klient wolle jetzt eine Beziehung mit dem Therapeuten anfangen.
Nun, ich definierte als erstes Beziehungswahn und die Prüferinnen waren zufrieden.
Bei der Auswirkung fiel mir erst einmal nicht allzuviel ein. Ich sagte, man solle als Therapeut den Klienten mit seinem Wahn zwar ernst nehmen aber den Wahn nicht "mitspielen". Ernst nehmen sei wichtig, weil der Klient ja von seinen Wahnvorstellungen überzeugt und eingenommen ist, unter Umständen große Ängste hat und Leidensdruck.
Es wäre wohl schlau gewesen noch zu sagen, dass unsere therapeutische Beziehung dann eher kurz ausfallen würde, weil ich nach der Exploration der Suizidalität den psychotischen Klienten nicht weiter behandeln, sondern in ärztliche Therapie überleiten würde. Habe ich aber nicht, und die Amtsärztin fragte nach, was ich denn weiter machen würde.
Ich hatte ja vorher schon gesagt, dass ich grundsätzlich bei allen Klienten der Frage der Suizidalität nachgehen würde, erwähnte dies noch einmal, und für den Fall der Suizidalität verwies ich auf die Ausführungen meiner Mitstreiterin, die in der Rechtsfrage PsychKG hatte und die Voraussetzungen und Vorgehen bei Unterbringung ausführlich dargelegt hatte. Wahrscheinlich hätte ich dies alles noch darlegen können, insbesondere wie man Suizidalität exploriert, die Phasen, Indikatoren etc., aber es wurde nicht nachgehackt und war okay so.

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Meine Mitstreiterin hatte Fragen zu:
- PsychKG - es wurde viel über die Hilfen im PsychKG gesprochen (als Sozialarbeiterin in der Einzelhilfe war sie sehr fit darin), aber auch das Vorgehen bei Unterbringung.
- Suizidalität: bei welchen Störungen ist Suizidgefahr besonders gegeben; wie geht man vor. Alle Störungen aufzählen - Depression, Schizo, Demenz usw. - Essstörungen nicht vergessen; Risikofaktoren nennen - hohes Alter, soziale Isolation etc.; Ringel & Pöldinger. Nachgehackt wurde noch um auf erweiterten Suizid zu kommen- sehr umständlich, weil es schwierig war die Frage zu stellen ohne die Antwort mitzuliefern. Weitere Vorgehensweise: SPDi evtl. Krisendienst, Polizei usw.

Wir mussten nur kurz draußen warten. Dann hat man uns gratuliert. Und gefragt, was wir denn nun mit dem Heilpraktikerschein anfangen würden, was auch aufs Band aufgenommen wurde. Wir haben beide vor, eine Weiterbildung im Herbst zu beginnen, was wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde.

Im kurzen Nachgespräch hat mir die Heilpraktikerin vom Verband gesagt, dass die Überprüfungen in Lichtenberg und Tempelhof doch unterschiedlich seien. Hier würden sie vor allem Wert darauf legen, dass nicht nur auswendig gelernt sei, sondern die Kandidaten auch selbst was herleiten könnten.
Da wir beide keine Fälle hatten, sondern abstrakte Fragen, fragte ich nach, ob dies die Regel sei. Nein, die Prüfer würden sich vorher die jeweiligen Karten aussuchen, was sie gern prüfen wollten.

Ich wünsche allen viel Erfolg in der Vorbereitung und gutes Gelingen in der Prüfung!

Großer Dank gebührt Herrn Rehork - wirklich super Kurs in guter Atmosphäre, einprägsame Fallvorstellungen und ein kompaktes Skript mit allem was man braucht ohne überladen zu sein.

Herzliche Grüße
Tatjana

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