Lieber Herr Rehork,
nun darf auch ich mich seit gestern Heilpraktikerin für Psychotherapie nennen :-) und bin sehr froh, dass die intensive Zeit des Lernens erst einmal vorbei ist. Wie immer war die Zeit des Wartens schlimmer als das, worauf man wartet… Darf ich Sie bitten, meinen Bericht auf Ihre Homepage einzustellen, da ich mein Kennwort gerade nicht zur Hand habe.
Die Prüfung fand gestern im Gesundheitsamt Lichtenberg statt und wurde von einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit einem osteuropäisch klingenden Namen abgenommen. Wir waren zwei Prüflinge und das Ganze dauerte insgesamt 1,5 Stunden – wobei wir für das Fallbeispiel jeweils üppig bemessene zehn Minuten Vorbereitungszeit bekamen.
Mein „Mit-Prüfling“ hatte mir im Vorfeld verraten, dass sie zwar damals bei einem Ihrer Infoabende war, sich aber aus zeitlichen Gründen für einen anderen Dozenten entschieden und dies sehr bereut habe. Sie habe oft auf Ihrer Homepage geschaut und sich auch mit deren Hilfe vorbereitet – das hat sie Ihnen aber offenbar bereits selber geschrieben. Fand ich aber ganz witzig :-)
Sie hat zuerst angefangen und zog als Gesetzesfrage folgende dreigliedrige Aufgabe:
Für welche Bereiche kann eine Betreuung eingerichtet werden?
Was ist im Rahmen des Betreuungsgesetz nötig, um eine Person gegen ihren Willen in eine Klinik einzuweisen?
(Betreuer muss für den Bereich Gesundheitssorge eingesetzt sein und Person muss selbstgefärdet sein).
Kann eine Person gegen ihren Willen zur ambulanten Behandlung gezwungen werden?
(Nein, natürlich nicht).
Dann hatte sie den Fall einer Frau, die aufgeregt zu ihr kommt und von ihrer 60-jährigen Mutter berichtet, die seit längerem von den Nachbarn nicht gesehen wurde, sich in ihrer Wohnung eingeschlossen hat, die Tür nicht öffnet und offenbar Selbstgespräche führt und erzählt hat, dass sie bestohlen wurde. Neben den Überlegungen, ob es sich um einen demenziellen Prozess mit Wahn, eine schizophreniforme Störung oder Alkoholeinfluss handelt, war es der Prüferin wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich um einen psychiatrischen Notfall handeln könne und es nicht damit getan sei, die Tochter zu beruhigen und zu beraten, sondern dass man direkt den Sozialpsychiatrischen Dienst oder den BERLINER KRSENDIENST dorthin zu schicken habe. „Die Polizei“ liess sie alleine nicht gelten.
Ich hatte als Gesetzesfrage:
Wer darf Psychotherapie anbieten und diese mit der gesetzlichen Krankenkasse abrechnen?
(ärztliche und psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychiater).
Welche kassenärztlich zugelassenen Therapieverfahren kennen Sie?
(Psychoanalyse, Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie).
Wie kommt ein Patient zu einer von der Krankenkasse übernommenen Psychotherapie?
(Hier habe ich das gesamte Verfahren – wie von Ihnen gelernt (inklusive des orangeroten und schwarzen Umschlags) erläutert. Danach fragte die Prüferin völlig verblüfft, woher ich denn wisse, welche Farben die Umschläge hätten? Hihi, ich sagte, das hätte ich von meinem Dozenten gelernt (sie kannte Sie aber nicht) und sie erwähnte, dass sie es toll finde, selbst auch noch etwas dazu lernen zu können :-)
Meine Fallfrage war die von uns in der letzten Stunde durchgenommene der 29-jährigen Frau, die wiederholt eifersüchtig auf die 8-jährige Tochter ihres Partners reagiert und deshalb schon wiederholt mit Suizid gedroht hat bzw. vom Balkon gesprungen ist und vor einiger Zeit in der Psychiatrie war. Die von inneren Spannungen berichtet.
Da es sich hier um die emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus handelt, konnte ich aus dem Vollen schöpfen und über Symptome, das Krankheitsbild, vermutete Entstehungsfaktoren, die dialektisch-behaviorale Therapie, die erhöhte Suizidalität, die schwierige Therapeutenbeziehung etc. sprechen. Wichtig war der Prüferin darauf hinzuweisen, dass eine so schwere Störung als seelische Behinderung gilt und solche Patienten – sofern sie alleine leben oder sozial nicht gut eingebunden sind – Wiedereingliederungshilfe in Anspruch nehmen können.
Da die Prüferin alleine war und sich mit niemandem beraten musste, hat sie uns dann beiden zur bestandenen Prüfung gratuliert und wollte wissen, wozu wir die Überprüfung machen wollten und wie unser weiterer Weg aussehen soll. Und dann wurden wir total happy in das schöne sommerliche Wetter entlassen.
Ihnen, lieber Herr Rehork, möchte ich an dieser Stelle nochmal meinen Dank aussprechen. Ich kann mich allen Vorrednerinnen und –rednern nur anschließen: mir hat der Kurs viel Spaß gemacht und auch mir bleiben viele Ihrer lebhaften Fallschilderungen im Gedächtnis. Bei Ihnen merkt man, dass Sie für das Thema „brennen“ und dass Sie wissen, wovon Sie reden. Sie sind ein Gewinn und eine Bereicherung für jeden, der bei Ihnen lernt.
Ich habe nicht vergessen, dass Sie sich für die Luft- und Raumfahrt interessieren und lade Sie schon heute zu einem Besuch der ILA Berlin Air Show ein, die vom 1.-4. Juni 2016 stattfinden wird. Die Karten sind natürlich noch nicht gedruckt, aber im Frühling des nächsten Jahres werde ich Ihnen zwei zusenden.
Für heute sende ich Ihnen erleichterte und herzliche Grüße
Alexandra