Prüfungsprotokoll - Berlin Lichtenberg 2.6.2021 - Einzelprüfung
Lieber Herr Rehork,
vielen Dank für den Kurs und die ganzen Unterlagen. Das Protokoll können Sie gerne im Forum öffentlich oder intern hochladen.
So richtig hat sich mein Wissen für die Mündliche erst vernetzt als ich in der letzten Woche die ganzen Prüfungsprotokolle von der CD durchgearbeitet habe und dabei jeweils mehrfach in meinen gesammelten Unterlagen nachgelesen hatte was ich nicht wusste.
Auch die vielen Fallbeispiele von der CD haben mir am Ende viel Sicherheit gegeben und ein Fall davon kam ja sogar dran.
Hätte ich damit früher angefangen wäre ich vermutlich in den letzten beiden Wochen nicht so unter Stress geraten.
Das Nacharbeiten von meinen Kursmitschriften und dem Skript hatte ich auch lange liegengelassen (mehrere Monate, da meine Prüfung wegen Covid 6 Monate später war) und erst in den letzten Wochen gemacht. Wäre ich da drangeblieben, wäre ich auch entspannter gewesen.
Aber gut: Bestanden :)
Jetzt zu meiner Prüfung mit einer Ärztin vom Sozial Psychiatrischen Dienst und einer Heilpraktikerin.
Wie scheinbar immer in Lichtenberg: 1. Gesetzesfrage und 2. Fallfrage
Die Karten sind mittlerweile übrigens laminiert. Also der 'Trick' eine abgegriffene zu ziehen - zieht nicht mehr.
1. Bei mir lagen 4 Karten bei der Gesetzesfrage
Ich hatte zwei Fragen zum PsychKG.
Ich glaube es war ungefähr so: Für wen es gilt und was es für eine Unterbringung braucht?
Da kann ich nur jedem empfehlen die Zusammenstellung der Gesetze aus dem Forum von Herrn Rehork immer wieder anzuschauen und mündlich zu üben.
Ich hatte leider vergessen: "wenn die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann."
Danach hatte die Amtsärztin dann auf vielen verschiedenen Wegen nachgefragt und mir auch ein Fallbeispiel dazu erzählt.
Ihre Geschichte, die sie "immer an dieser Stelle erzählt" war:
Ein junger schizophrener Mann, der mit seiner Familie lebt bekommt erstmals nach 20 Jahren Besuch von einem Onkel (ich glaube aus Wuppertal - auf jeden Fall von weit weg).
Er hält diesen Onkel für den Teufel und will ihn mit dem Messer umbringen.
Ich erzählte von Polizei anrufen und danach auch den sozialpsychiatrischen Dienst, sowie Unterbringung nach PsychKG wegen Fremdgefährung. Aber sie wollte hören was man noch tun kann. Jedoch musste es sie am Ende selbst auflösen, (obwohl beide viel Wohlwollen hatten) nach dem Hinweis der Heilpraktikerin: "Sie denken zu groß, wie ist es hier in der Situation?"
Sie hatte es dann aufgelöst, dass man einfach den Onkel bitten sollte die Situation zu verlassen und in einem Hotel zu übernachten.
Aber ich hatte trotzdem ein gutes Gefühl weiterzumachen, obwohl der Satz "Ich löse es auf" erstmal für einen kurzen Schrecken bei mir geführt hatte. Aber es geht in der Prüfung scheinbar mehr um den Gesamteindruck. Selbst wenn man mal was nicht weiß nachdem lange gebohrt wurde.
Ein paar Minuten später und ein paar weitere Fragen zu Schizophrenie hat sie dann doch noch die Geschichte weitergesponnen. Was würde ich tun wenn ich abends den schizophrenen Mann mit einer Axt sehe, wie er dem Onkel hinterherläuft?
Klar: Polizei anrufen und viel Abstand halten. Sie hatte noch gemeint den Onkel zurufen und warnen.
Auf jeden Fall wollte sie glaube ich hören, dass ich nicht zu dem Schizophrenen mit der Axt hingehe.
Das war es dann auch schon zu diesem "Zusatz zur Gesetzesfrage".
2. Bei der Fallfrage hatte ich zwei Karten zur Auswahl:
Ich hatte glücklicherweise diese aufgedeckt: 25 jährige Frau, bis vor kurzem Kassiererin, putzt 16 Stunden täglich und hat jetzt auch aufgehört zu arbeiten, da sie die Zeit zum putzen braucht. Irgendwas stand da noch dass sie Angst hat wenn sie nicht putzt. Sie kommt mit der Mutter in die Praxis.
Diesen Fall kannte ich schon von einem Prüfungstraining mit Herrn Rehork und hatte ihn auch auf der CD gefunden. Daher wusste ich schon die Diagnose: Schizophrenie.
Das hat mich dann seehr entspannt. ;)
Ich habe mir dann überlegt erstmal im Gespräch abzuklären warum es keine Zwangsstörung ist:
Sie hat keinen Widerstand gegen die Putzhandlung, was nach ICD-10 eine Zwangsstörung ausschließt, wenn nicht gegen mindestens einen Zwang ein Widerstand vorhanden ist.
Dann bin ich nach dem Psychopathologischen Befund vorgegangen und habe damit Symptome für Schizophrenie gesucht. Die Ärztin hatte wieder super anschaulich mit schauspielerischem Talent mein Gegenüber dargestellt. Ich kam so recht schnell auf Wahn, was bei einer Dauer weit über 4 Wochen dann für die Diagnose Schizophrenie ausgereicht hat.
Ich habe dann noch die Diagnosekriterien des ICD-10 einzeln erzählt und kurz erklärt.
(Das hatte ich vorher fleißig auswendig gelernt. Schizophrenie und Depression dachte ich mir MUSS auswendig sitzen.)
Die Heilpraktikerin wollte irgendwann noch wissen was es noch sein könnte.
Da bin ich dann durch den ICD-10 durchgegangen:
F0 organische Ursachen wie Tumor. Schilddrüsenüberfunktion fand ich bei den 16 Stunden putzen übertrieben, aber meinte die Frau müsse auf jeden Fall alles organisch abklären lassen.
F1 Alkohol und Drogen, F2 hatten wir ja schon, F3 wäre für eine Manie (bei einem Jahr) zu lange und konnte ich aufgrund der Zeitdauer ausschließen. Agitierte Depression fand ich auch sehr übertrieben und auch zu lange für eine Episode. Dieses Ausschlusskriterium hat dann auch die Heilpraktikerin nochmals wiederholt. (Fand sie glaube ich gut).
Bei F4 dachte ich kurz an PTBS, oder Anpassungsstörung mit langer depressiven Episode. Aber es gab im Dialog mit der Ärztin keinen Auslöser.
Bei F5 sah ich nichts. Bei F6 schloss ich die Paranoide Persönlichkeitssörung aufgrund des Wahns aus. Und nach Borderline in F6 sah es auch für mich nicht aus.
Ich hatte zu allem ein paar Symptome genannt warum es das sein könnte, aber auch warum nicht. Manchmal auch auf Nachfragen der Ärztin oder Heilpraktikerin.
Das war eine interessante Erörterung eines Falles und eine sehr angenehme, wohlwollende Stimmung.
Ich empfahl dringend in die Klinik zu gehen, oder mindestens ein Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen, da es noch schlimmer werden und mehr psychotische Symptome dazukommen könnten. Und der Arzt dann auch Medikamente geben kann.
Die Tochter wollte jedoch einfach nur heim und putzen. Organisch abklären würde die Tochter grade noch mitmachen.
Fremd- und Selbstgefährung gab es somit nicht. Daher empfahl ich eine Betreuung einzurichten für Gesundheit und Aufenthalt. Die Ärztin meinte die Tochter würde der Mutter alles unterschreiben. Hauptsache sie kann wieder putzen. (Das ganze Gespräch war teilweise schon witzig.)
Ich meinte ich könne der Mutter mit Psychotherapie helfen, da diese laut der Ärztin sehr unter der Situation litt.
Dann habe ich noch gesagt, dass der SPD viele Hilfen anbietet. Da könne die Mutter auch Unterstützung bekommen. Ich habe auch von den Trialogischen Seminaren erzählt (Patienten, Ärzte, Angehörigen).
Ich habe bestimmt ein paar Sachen vergessen.
Gegen Ende (vielleicht 30 Minuten) hat die Ärztin die Heilpraktikerin angeschaut und gefragt, ob diese noch Fragen hat. Sie verneinte und hat dann die Aufnahme ausgeschalten.
Die Fragen gingen trotzdem noch ein paar Minuten weiter und irgendwann haben sie mir dann direkt gratuliert und ich war super happy.
Sie meinten noch dass ihnen meine Argumentation gut gefallen hatte, da diese gut aufgebaut war.
Danke für die Vorbereitung und besonders auch die Gruppen-Prüfungssimulationen. Die haben mir sehr geholfen.
Ich hatte mir noch zwei Einzelvorbereitungen bei Herrn Rehork vor den letzten zwei Wochen gegönnt und bin dadurch sicherer geworden.
Eine regelmäßige Übungsgruppe mit den gleichen Leuten hatte ich leider nicht. Immerhin vier mal hatte ich mich mit zwei Mitstreiterinnen getroffen. Das half mir auch sehr.
Ich bin super Dankbar es gemacht und geschafft zu haben.
Stefan