Mündliche Prüfung Tempelhof 11.05.2023

#1 von Agata , 17.06.2023 20:36

Ich möchte zuallererst allen, die sich auf ihre mündliche Prüfung vorbereiten sagen, dass es viel weniger schlimm war, als ich es mir ausgemalt habe. Ich habe mich viel zu sehr unter Druck gesetzt und Sorge gehabt, dass irgendwelche Fragen kommen könnte, die ich überhaupt nicht beantworten kann und dies der Grund sein wird, dass ich durchfalle. Dabei kann ich nur das bestätigen, was Herr Rehork immer wieder gesagt hat und was von vielen anderen berichtet wurde: Die Amtsärzte sind wohlwollend und "helfen" einem auch, indem sie Fragen stellen, die einen in die richtige Richtung anstupsen sollen, wenn man mal auf dem Schlauch steht.

Zum Prüfungstag, unser Prüfungstermin war der erste an dem Tag. Die Damen im Büro waren sehr freundlich und gut gelaunt und haben somit die Aufregung etwas gedämmt. Ich habe mit meiner Prüfungspartnerin im Voraus ausgemacht, dass ich zuerst abgefragt wäre (ich wollte es schnell hinter mich bringen und nicht auf heißen Kohlen sitzend bei ihren Fragen zuhören müssen).
Nachdem wir in den Raum gebeten wurden, haben uns eine Amtsärztin (Frau Schilling) und eine Dame begrüßt, die im Verwaltungsbereich arbeitet. Der Heilpraktiker für Psychotherapie, der eigentlich vor Ort sein sollte, hatte kurzfristig abgesagt. Wir wurden gefragt, ob das in der Konstellation für uns okay ist, ansonsten würde die Möglichkeit bestehen den Prüfungstermin zu verlegen. Wir haben natürlich zugestimmt, dies wurde aufgenommen und dann ging es los. Ich versuche alles so genau wie möglich zu beschreiben, die Erinnerungen sind jedoch etwas getrübt, weil ich sehr aufgeregt war.

Mein Fallbeispiel: Ich bin keine Heilpraktikerin für Psychotherapie, sondern Ärztin und eine Patientin, die schon mal bei mir war, kommt zu mir und möchte Tabletten verschrieben bekommen haben. Sie könne Nachts nicht schlafen, ihr ginge es im Allgemeinen einfach nicht gut und sie könne sich im Alltag auch sehr schlecht konzentrieren, sei erschöpft und etwas ängstlich.

Ich habe zuerst gefragt, ob sie wegen der Schlaf- und Konzentrationsprobleme bereits beim Arzt war. Ja war sie, körperlich keine Auffälligkeiten. Dann die Frage, seit wann genau diese Symptome bestehen (ca. 2 Monate) und ob es irgendein Ereignis gab oder etwas Prägnantes passiert ist, bevor die Symptome aufgetreten sind.
Ja, es ist etwas passiert, es gab da einen Vorfall, über den sie ungern redet. Es hatte mit einer Art Überfall zu tun, der abends stattgefunden hat. Den Punkt habe ich mir erstmal, gemerkt, bin zuerst aber auf die Schlafproblematik eingegangen. Habe erfragt, ob es eher Einschlaf- oder Durchschlafprobleme sind oder ob sie eher zu früh aufwacht. Sie hatte eher Einschlafprobleme und auch ab und zu Alpträume, die sie aus dem Schlaf reißen. Langsam kam bei mir schon die Verdachtsdiagnose PTBS, ich habe aber zuerst noch Depressionen ausschließen wollen und habe daher die Leit- und Nebensymptome abgefragt.
Hier bin ich leider durch die Aufregung etwas durcheinander geraten und habe schlussendlich meine eigenen Notizen auf dem Papier so wirr durcheinander geschrieben, dass ich gar nicht mehr wusste, ob ich alle Symptome der depressiven Episode abgefragt habe. In so einem Moment kommt einem jede Sekunde, die man sich Zeit nimmt wie 10 Sekunden vor und dieser Moment hat mich kurzfristig dazu geführt, dass ich einen kurzen Blackout hatte. Ich habe in dem Moment aber auch ehrlich gesagt, dass ich unglaublich aufgeregt bin und daher kurz Zeit zum Sammeln brauche. [b]Das kann ich jedem raten, lasst die Prüfer an euren Gedanken und in dem Fall auch Gefühlen teilhaben. [/b]
Hier kann ich mich nicht mehr erinnern, wie es genau ablief, aber es waren auch genug Symptome dabei, die zu einer depressiven Episode passen würden (konnte aufgrund meines Chaos in den Notizen aber nicht mehr einschätzen, ob es eine leichte oder mittlere ist). Daher war das die 2. Verdachtsdiagnose, die ich hatte. Um Klarheit zu schaffen, bin ich auf den Vorfall eingegangen und habe nach Flashbacks gefragt, die entweder im Alltag auftreten oder im Traum auftreten. Dies wurde bejaht. Differntialdiagnostisch zur PTSB habe ich noch Angststörungen und eine Psychose ausgeschlossen - auch Süchte (wegen der Schlafproblematik und eventuellem Missbrauch von Drogen). Schlussendlich habe ich nach Suizidgedanken gefragt, da ich mir vorstellen könne, wie belastend diese Situation sein müsse und ob dahingehend schon mal Gedanken vorhanden waren. Ich weiß nicht mehr, was die genaue Antwort war, aber ich habe anhand Pöldinger und Ringel eine akute Suizidalität ausschließen können.

Nun wurde ich gefragt, was denn meine Diagnose sei. Ich muss sagen, dass ich durch die ganze Aufregung trotz der konkreten Hinweise auf eine PTSB immer noch in Erwägung gezogen habe, dass es eine depressive Episode sein könnte. Habe in dem Moment den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen und auch hier ehrlich gesagt, dass ich zum einen an eine PTBS denke aber auch aufgrund der Symptome an eine depressive Episode. Ich hatte zuerst auch depressive Episode gesagt, Frau Schilling hat mich dann aber mit Rückfragen zur richtigen Diagnose geleitet: PTBS. Ich habe dann nochmal laut gedacht und gesagt, weshalb dies zutrifft, v.a. wegen der Flashbacks.
Dann kam die Frage zu den Medikamenten, die die Patientin haben will und welche ich ihr verschreiben würde. Ich habe gemeint, dass ich ihr einmalig niedrig dosierte Sedativa verschreiben würde, sie aber zum Psychiater schicken überweisen würde. Ab hier fing es dann an, dass mir die Prüferin ganz viele Fragen stellte. Ist das eine gute Entscheidung? Was sind denn die Gefahren? (Abhängigkeit) Was würden sie alternativ verschreiben? Hier stand ich kurz auf dem Schlauch, da hat sie die Frage aber noch etwas leitender formuliert, dann ist der Groschen gefallen: Antidepressiva mit sedierender Wirkung.
Schlussendlich kam die Frage zur Therapie: 2 Phasen, erst Stabilisierungsphase dann, wenn die Patientin stabil genug ist die Reizkonfrontation mit physiologischer Lösung in Form von Verhaltenstherapie oder alternativ EMDR. Sie wollte wissen, welche Form der Verhaltenstherapie angewendet wird, ich meinte kognitive.

Dann sind wir zu den Gesetzen übergangen und bei mir wurde Psych KG abgefragt. Um es abzukürzen, Sie hat die Situation 2 - 3 Mal geändert, um verschiedene Ausgangsszenarien zu haben und so ausführlich alles Mögliche zu dem Thema abzufragen. Es waren schlussendlich beinahe alle Sachen, die wir bei Herrn Rehork gelernt haben, sie hat aber auch auf der Frage zum Transportmittel rumgehackt, als ich meinte, ich würde im Notfall die Polizei rufen würde. Sie hatte gefragt, ob die Polizei denn die richtigen Autos dafür hat. Ich war schon so ausgelaugt, dass ich in dem Moment überhaupt nicht verstanden habe, worauf sie hinaus will und ich sie wahrscheinlich wie ein Auto angeschaut habe und meinte "Ob sie die richtigen Autos haben? Keine Ahnung, woher soll ich das wissen?" [grin] Die Antwort hat die Stimmung etwas aufgehellt und ich hatte das Gefühl, dass sie ein Lächeln unterdrücken musste. Dann hat sie die Frage zweimal umformuliert und dann ist auch hier der Groschen gefallen. Ein Krankenwagen befördert sie in die Klinik. Dann kam das erlösende "Danke".

Ich kann leider nichts zu meiner Prüfungspartnerin sagen, da ich nur noch darüber nachgedacht habe, wie sauer ich bin, dass ich meine Notizen nicht richtig gemacht habe und ich die ganze Prüfung revue passieren lassen habe. In dem Moment war es für mich in der ganzen Situation ein kleiner Höllenritt, weil ich ab dem Moment, als ich zuerst depressive Episode diagnostiziert habe dachte, dass es hier schon vorbei sein könnte. Ich habe nicht alle Detailfragen in Erinnerung, aber sie hat mir noch viel mehr Gegenfragen gestellt. Ich hatte ein eher schlechtes Gefühl und habe nicht mal mehr wahrgenommen, dass ich jede Frage beantworten konnte, auch wenn sie ein paar Mal drumherum fragen musste, als ich auf dem Schlauch stand (was ich auch offen zugegeben habe).

Wir wurden hinausgebeten und nach 5 Minuten reingeholt. Es ging sehr schnell. Hingesetzt, 1 Sekunde später sagt die Prüferin zu meiner Prüfungspartnerin, die direkt vor ihr saß "Herzlichen Glückwunsch, sie haben bestanden." 2 Sekunden vergehen, es kommt nichts. Ich habe innerlich resigniert. Dann wendet sie sich zu mir und sagt "Sie auch". Ich habe in dem Moment nur noch gelächelt und ihr gesagt, dass ich unsicher war, weil ich einfach so unglaublich aufgeregt war etc. Sie meinte dann nur "Ach... (Es hat nur noch die Handbewegung gefehlt, die suggeriert, dass es kein Problem sei) ja, sie haben sich in der einen Situation ein bisschen verzettelt." Ich nehme an, dass meine Gedanken, die ich laut ausgesprochen habe, die richtigen Differenzialdiagnosen und die konkret beantworteten Fragen gezeigt haben, dass ich das Wissen drauf habe und es in der Prüfungssituation ein stressbedingter Fehler war.

Ich kann es also nur nochmal befürworten, sagt, was ihr denkt, sagt, wenn ihr aufgeregt seid oder dass ihr auf dem Schlauch steht oder die Frage nicht richtig verstanden habt. Es ist menschlich in einer Prüfungssituation nicht alles so zu verstehen, wie man es sonst tun würde :)

Lieber Herr Rehork, vielen Dank für die gute, konzentrierte, lustige und dank Ihrer Geschichten einprägsame Wissensvermittlung. Ich bin dankbar, dass Sie mir empfohlen wurden und ich dank Ihnen eine so gute Lernbasis erhalten habe, um die Prüfung zu bestehen. Ich werde Sie von ganzem Herzen jedem weiterempfehlen.


Agata  
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