Lieber Thomas,
heute war mein Prüfungstermin, und ich hab bestanden! Bin unendlich erleichtert und froh, dass die Lernerei dafür nun ein Ende hat. Jetzt muß ich nur noch das Konzept für die zukünftige Praxis entwickeln und los gehts :o)
Die Prüfungsberichte im Forum fand ich zur Vorbereitung sehr hilfreich, daher schicke ich hier auch meinen Bericht.
Mein Prüfungstermin war Mittwoch 9.5. um 14h30. Als ich ankam, war meine Mitstreiterin schon da und im Sekretariat wurde ich informiert, dass der Termin auf 1 1/2 Stunden angesetzt war, für jeden grob eine 3/4 Stunde. Die vorangegangene Prüfung dauerte etwas länger, so daß wir mit ca. 10 Minuten Verspätung hineingerufen wurden. Meine Mitstreiterin war noch nervöser als ich und wir hatten uns darauf geeinigt, das sie anfängt.
Drinnen haben sich die beiden Prüferinnen kurz vorgestellt, das war einmal eine Ärztin und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, und als Beisitzerin eine Heilpraktikerin.
Zuerst kamen die Rechtsfragen. Meine Mitstreiterin hatte die Frage, jemand komme mit Angstörungen in die Praxis und wollte aufgrund der Empfehlung eines Bekannte gerne eine Systemische Therapie machen, sei krankenversichert aber arbeitslos. Wie sie die Person beraten würde. Als Antwort wurde wohl erwartet, dass man den Patienten über Erstattungsmöglichkeiten verschiedener Therapie-Alternativen aufklärt. Meine Mitstreiterin versuchte eine Diagnose und Therapie-Empfehlungen anstatt auf die Formalitäten des Verfahrens einzugehen, das war wohl nicht ganz im Sinne der Ausgangsfrage. Die Prüfer waren anscheinend nicht richtig zufrieden mit den Ausführungen und fragten sehr viel nach.
Meine Frage war dreigeteilt. Teil 1 ging um die Zugangswege zur Berufsausübung als Psychotherapeut mit Berechtigung zur Abrechnung mit Krankenkasse. Die Antwort war Arzt mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung, Psychologie mit Ausbildung in einem anerkannten Verfahren und mit etwas Nachfragen durch den Prüfer kam ich noch auf Kinder- und Jugendpsychotherapeut, was auch Sozialpädagogen offensteht. Teil 2 fragte nach den anerkannten (erstattungsfähigen) Psychotherapieverfahren, und Teil 3 fragte nach dem Ablauf, wenn jemand eine Psychotherapie in Anspruch nehmen möchte. Ich hab von probatorischen Sitzungen gesprochen, und bin dann auf das Antragsverfahren mit Kostenerstattung eingegangen, das war ok.
Anschließend kamen die Fallfragen. Meine Mitstreiterin hatte den Fall einer 40jährigen Frau, die wegen Gewichtszunahme, Unzufriedenheit mit ihrem Äußeren und zunehmender Angstproblematik in die Praxis kam und um Rat suchte. Die Antwort ging in Richtung zuerst körperliche Ursachen abchecken, dann seelische Konflikte eruieren, zum Schluß Therapieempfehlungen. Wieder waren die Prüfer nicht richtig zufrieden mit den Antworten meiner Mitstreiterin und haben sehr viel nachgefragt. Vor allem wurde Wert darauf gelegt, dass man die eigenen Grenzen als Heilpraktiker Psychotherapie erkennt und bei Bedarf erstmal an Arzt und/oder Psychiater weiterverweist.
Mein Fall war der einer 29jährigen Frau, die sehr eifersüchtig auf die 8jährige Tochter des Partners reagierte, wobei es auch zu verbalen Aggressionen kam. Sie litt unter starken inneren Spannungen und hatte in diesen Situationen schon versucht vom Balkon zu springen, wovon der Partner sie aber abhalten konnte. Die Frau war auch schon in der Psychiatrie gewesen. Meine Antwort war, dass ich zuerst Suizidalität abchecken würde, und falls noch akut, SPD oder Polizei informieren und für Einweisung in eine psychiatrische Klinik sorgen, ansonsten der Frau empfehlen, sich wieder in psychiatrische Behandlung zu begeben. Dann bin ich auf mögliche Diagnosen eingegangen, habe Persönlichkeitsstörung (Borderline), (agitierte) Depression, eventuell psychotisches Erleben (Eifersuchtswahn) genannt. Die Prüfer haben noch nachgefragt, weil evtl. auch lebensgeschichtliche Ereignisse für die Entstehung der Problematik eine Rolle spielen könnten, eventuell auch eine Partnerschaftsproblematik.
Insgesamt fand ich die Prüfungssituation sehr fair und wohlwollend. Die Prüferin wollte schon sehen, ob man sich in der Materie auskennt, hat aber durch gezielte Fragen auch gute Hilfestellung gegeben, wenn man in der Luft hing.
Nochmal vielen Dank für die gute Vorbereitung!
Viele Grüße,
Patricia