Lichtenberg 19,05.2021

#1 von Thomas Rehork , 20.05.2021 21:19

Gedächtnisprotokoll Berlin Lichtenberg, 19.05.2021


Ich werde draußen von einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes abgeholt und nach oben gebracht. Dann werden ein paar Formalitäten geregelt (Unterschrift zur Einverständniserklärung, dass das Gespräch in der Prüfung aufgezeichnet wird und Vorlage des Persos). Danach soll ich noch Platz nehmen. Mein Termin ist um 11:00 Uhr.
11:05 Uhr
11:15 Uhr (ich werde von einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes gebeten mich noch ein wenig zu gedulden: „Kein Problem, solange ich meine Heilerlaubnis nicht habe, gehe ich nirgends hin). 😉 Sie lacht und geht in ihr Büro zurück.
11:20 Uhr mir fällt gegenüber von mir eine Übersicht auf, die die Bestehungs- und Durchfallquoten der letzten Jahre aufweist… Bestehungsquote mündliche Prüfung zwischen 92 % und 94% „beruhigend“ denke ich mir…
11:25 Uhr die Dame die vor mir geprüft wurde kommt schnaufend und schlecht gelaunt aus dem Raum und wartet bis sie wieder hineingebeten wird… „Ohje…. ich drücke ihr innerlich die Daumen, aber sie kommt kopfschüttelnd aus dem Raum… Mein Herz schlägt und ich werde nervös… Beruhige mich „diese Prüfung hat nichts mit dir zu tun. Das war nicht deine Prüfung, du wirst es schaffen!“
Die Prüferinnen (2 Damen, eine Heilpraktikerin und eine Amtsärztin des SPDi, kommen nach und nach raus, reden schon ein wenig mit mir und suchen die Toilette auf. Die Amtsärztin sagt ich schaue erschrocken und verängstigt, ich bräuchte aber keine Angst haben, es passiert nichts schlimmes. Ich sage: “Alles ok, hier geht es nicht um Leben und Tod…“ Sie lacht: “Nein, heute haben wir alle am Leben gelassen“! Ich erwidere, dass ich hoffe, dass das auch so bleibt, dann habe ich nämlich auch keine scheu mehr.“ Wir lachen und ich darf den Raum betreten, während sie noch rasch die Toilette aufsucht.
Ich Unterhalte mich mit der Heilpraktikerin bis die Amtsärztin zurückkommt. Wir sprechen über Corona, wann wohl wieder Normalität einkehren wird, etc…
Die Amtsärztin kommt hinzu, beruhigt mich noch einmal, wir scherzen wieder ein wenig und dann geht es auch schon los.
Zu Beginn Recht:
Ich darf mir von 2 Karten eine aussuchen, soll die Frage laut vorlesen und beantworten. Ich habe versucht zu schauen, welche abgegriffener aussieht, aber die sehen alle neu aus…

Welches Gesetz regelt in Berlin die Unterbring psychisch erkrankter Personen?
Welchen Zweck hat die Unterbringung, welche Hilfen gibt es und wer darf nach diesem Gesetz untergebracht werden.
Ich lege los: PsychKG, regelt die Hilfen, Unterbringung psychisch kranker und die strafrechtliche Unterbringung. Dient dazu Unterbringungen zu vermeiden, zu verkürzen und Wiedereingliederung zu erleichtern. Anhand von Hilfen, Beratung, Untersuchungen, etc..
AÄ: Wer darf noch eingeliefert werden?
Ich: Personen mit einer psychischen, seelischen Erkrankung, bei Eigen- oder Fremdgefährdung, wenn alle anderen Maßnahmen eine Unterbringung zu vermeiden aussichtlos waren.
AÄ: Ja, aber wer noch?
Mein Herz bebt, ich komme ins Schleudern, wiederholde x Mal das was ich schon gesagt habe… Sie hilft mir, sodass wir auf Unterbringung nach Betreuungsrecht kommen.
AÄ: Ok und wer noch?
Ich scanne das PsychKG in meinem Kopf rauf und runter…. Wer noch??? Was stand da????
AÄ: Hilft mir und nennt mir ein Beispiel: „Stellen Sie sich vor, ein Schizophreniekranker steht auf der Brücke und schreit er benötigt Hilfe, dass er nicht sterben will, aber die Stimmen würden ihm Befehlen zu springen…
Der Groschen ist gefallen und ich antworte mit freiwilliger Unterbringung.
PART I – Geschafft!

Jetzt soll ich mir aus 3 Karten eine aussuchen, wieder sieht keine abgegriffen aus; so ein Mist….
Offensichtlich benötige ich etwas länger, denn die Amtsärztin sagt, dass es keine schlechten Karten geben würde. Ich entscheide mich für eine:

Der Fall:
Eine 56-jährige Astrologin kommt mit ihrer 25-jährigen Tochter, die eine Ausbildung im homöopathischen Bereich macht, zu mir in die Praxis, denn die Tochter habe vor ein paar Wochen ihr erstes Kind zu Hause entbunden und könne seitdem nicht mehr reden und schreiben. Sie kann nur noch über eingeschränkte Mimik und Gestik kommunizieren und leidet darunter. Die Geburt war sehr schwer.
Was sind Ihre DD?
Welche Fragen haben Sie noch?
Wie gehen Sie vor?
Ich habe 5 Minuten Zeit und darf mir alles aufschreiben.
Mir fällt als erstes die Störung im Wochenbett ein, komme aber nicht auf den Namen! Kurz kommt Panik auf, aber ich beruhige mich und denke mir, dass ich es auch umschreiben kann und sagen kann, dass mir vor Aufregung die konkrete Bezeichnung entfallen ist. Ich atme durch und versuche strukturiert ranzugehen.
SOSP – Agrafie, Aphasie, Mutismus, (Stupor?)…
Dann versuche ich in jedem Kapitel mögliche Störungsbilder zu finden und gehe alle strukturiert von F0-F9 durch – schließe aber diverse Kapitel auf Anhieb aus.

F0: organisch Affektive Störung, oder org. katatone Störung
F1: psychotrope Substanzen, Medikamente, Alkohol und homöopathische Mittel (da Ausbildung in diesem Bereich)
F2: Schizophrenie (gibt es eine genetische Disposition?)
F3. Depressive Episode und da kam ich ja nicht auf den Namen und habe depressive Episode nach Geburt notiert (ggf. auch mit psychotischen Symptomen)
F4: Anpassungsstörung, PTBS – je nachdem ob Geburt so gewollt, Komplikationen, etc.
F5-F9: /
Zusätzliche Notizen:
Organische Abklärung beim Arzt geschehen?
War die Entbindung zu Hause vorgesehen? Oder musste es aufgrund von Komplikationen dort stattfinden?
Selbstmedikation (Homöopathie)
Gibt es psychotische Symptome?
Suizidalität?

Ich beginne die DD abzuklopfen:
Suizidalität: sie leidet… wie sind ihr Gedanken an die Zukunft? Schuldgefühle/Selbstwertprobleme negative Gedanken, weil sie ihrem Kind evt. niemals schreiben und sprechen beibringen wird und ihr Selbstbild einer Mutter nicht erfüllt? Besteht die Gefahr eines erweiterten Suizids?
- Es wird genickt, besteht aber noch kein akutes Risiko.

F1: Hat Sie Medikamente erhalten, nimmt sie Drogen oder medikamentiert sie sich selbst mit homöopathischen Mitteln?
AÄ: homöopathische Mittel – ja, alles andere nein
Ich, welche nimmt sie denn? (habe zwar keine genaue Vorstellung worauf ich hinaus will und wie mir die Antworten helfen sollen, aber ab und an gibt es ja Eingebungen 😉 Sie zählt mir welche auf, erwähnt aber auch, dass ich die nicht kennen muss. Ich erwähne, dass ihr Hormonhaushalt nach der Geburt komplett durcheinander ist und ich mir vorstellen könnte, dass es ggf. zu Wechselwirkungen mit pflanzlichen Mitteln kommen könnte…?! - Eher nicht, aber gut, dass ich daran gedacht habe.
F2: Hört sie Stimmen die ihr befehlen sich oder dem Kind etwas anzutun? Antw: Nein
F3: Ich klopfe depressive Symptome ab, komme hier aber nicht auf all zu viele… erwähne auch die depressive Episode nach einer Entbindung und dass diese auch mit psychotischen Symptomen einhergehen kann.
Es wird genickt, aber die Antworten der AÄ bringen mich nicht näher an die Depression…
Dann erwähne ich die Anpassungsstörung und die PTBS, klopfe die Symptome ab, kann diese aber ausschließen.
Ich gehe nochmal auf die organischen Ursachen ein und frage nach, ob sie bei einem Arzt war.
AÄ: Nein, sie lebt außerhalb in einem Dorf und dort gibt es eine eingeschworene Gemeinschaft in der die Leute nichts von Ärzten halten. Es soll alles naturbelassen, ohne Medikamente behandelt werden, daher haben sie auch eine Schamanin kommen lassen, die letztendlich aber auch nicht helfen konnte. Sie wollen jetzt meine Hilfe!
Ich habe geantwortet, dass ich nicht helfen kann, solange keine somatische Abklärung erfolgt ist.
AÄ: Aber sie halten nichts von Medizinern und wollen da auf keinen Fall hin, die können einem eh nicht helfen.
Ich habe daraufhin vorsichtig geantwortet, dass ihre homöopathischen Mittel und die Schamanin aber offensichtlich auch nicht helfen konnten und dass es an der Zeit wäre andere mit einzubeziehen. Dann erwähnte die AÄ ich soll doch bitte den Dämonen austreiben, das können Mediziner schließlich nicht.
Ich erkläre ihr und der Mutter, dass ich nicht an Dämonen glaube und diese auch nicht austreiben kann, aber ich ihnen wirklich ans Herz lege zu einem Arzt zu gehen. Ich bin gerne behilflich jemanden rauszusuchen oder den SPDi informiere, der eine ambulante Untersuchung bei ihnen zu Hause durchführen kann und dass ich sie ggf. nach Abstimmung mit einem Arzt begleitend betreuen kann, ich aber auch dann KEINE Dämonen austreiben kann.
AÄ: Die Mutter und Tochter sind empört über Sie, denn sie dachten, Sie würden ihnen helfen und verlassen wütend Ihre Praxis.
SCH.. DAS WAR ES dachte ich kurz! Das habe ich nicht bestanden, aber andererseits, kann ich nun mal auch einfach keine Dämonen austreiben…
AÄ: So.. wie gehen Sie jetzt vor?
Ich: Ich rufe sofort den SPDi an und kläre sie über das auf was hier gerade passiert ist, dass ich nicht sicher ausschließen kann, dass hier keine Fremd- und Eigengefährdung vorliegt, dass ich gebeten wurde Dämonen auszutreiben und das ich darum bitte, die Personen zu Hause aufzusuchen.
Beide schauten Sich an, nickten sich zu und haben mir zur bestandenen Prüfung gratuliert. Ich wäre auf alles eingegangen und in keine Falle getappt die sie versucht hatten zu stellen!
Letztendlich ging es um ein Aneurysma, dass durch das Pressen bei der Geburt einen Schlaganfall ausgelöst hat ☹

GESCHAFFT! Es war eine angenehme Prüfung und es hat wirklich schon fast Spaß gemacht! 😊 Traut euch und habt keine Angst!


 
Thomas Rehork
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zuletzt bearbeitet 20.05.2021 | Top

RE: Lichtenberg 19,05.2021

#2 von Thomas Rehork , 20.05.2021 21:26

Das Fallbeispiel aus dieser Prüfung findet sich in seiner Urform auch im Forum, und zwar hier.


 
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